gedichte

für jetzt

manchmal Liebster,
wenn ich an dich denke,
und das Echo in deinem Namen,
schlägt die Sehnsucht Großalarm
und das Verlangen klingt wie ein Choral -
dann wirbelt gelbe Hitze in den Blick
und der Mut vergangener Jahre,
scheucht die Eulen aus meiner Brust,
und ich rutsche
haltlos aus dem Licht
U-Boot tief
in die Iris der Zeit:

 

immer noch bürste ich den Sand
aus meinem Haar,
suche einen Schlafplatz für die Nacht,
und die Erinnerung
durchkämmt die Straßen von Agadir,
trinkt Tee im Bazar von Marakesch,
pflückt wilde Brombeeren
zwischen roten Felsen,
zündet Kerzen an
vor jedem Altar-

 

ich wollte dich nie für immer,
Liebster,
ich wollte dich immer nur für jetzt-
nichts dauert für ewig, dachte ich,
kein Tanz und kein Gefecht,
keine Flucht und kein Glaube,
keine Nacht und keine Scham -
aber dein Echo ist eingewachsen
wie ein Mal,
wie ein lichtloses Auge,
ein schlafloses Wort,
wie nie geboren,
weil ein bißchen tot,
wie ein Vermißter ohne Grab,
ein Zwilling,
der keinen Atem braucht,
angenäht wie ein neues Organ,
das nun für immer bleibt,
für ewig und für jetzt-

 

 

 

 

 

 

 

 

 

vielleicht hat das Auge der Zeit,
irgendwann einen Tag für uns,
da kein Wort mehr wehtut
und die Horizonte geöffnet sind,
wo neue Brombeerbüsche blühn,
und du und ich
auf weitgrünen Hügeln stehn-

 

diesen Tag,
Liebster,
sehne ich herbei,
selbst wenn ich an jenem Tag
nicht mehr bin.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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